Wirtschaft

Experten: Globale Getreideschlacht droht

Die Weizenpreise stiegen in den letzten zwei Monaten auf ein Rekordhoch, da große Erzeuger wie Russland, Kasachstan und Indien ihre Ausfuhren eingestellt haben, um ihre heimischen Märkte zu schützen. Dies hat Ängste vor Ernährungsunsicherheit und Hunger in der Welt ausgelöst.
SymbolbildQuelle: www.globallookpress.com © Saifurahman Safi/XinHua

Nach Angaben von Experten sind die Preise für Weizen seit Jahresbeginn um mehr als 60 Prozent gestiegen. Dies berichtet die russische Zeitung Iswestija. Den Preisanstieg führen sie auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zurück, aus der fast ein Drittel der weltweiten Weizenexporte stammt.

In der Saison 2021-2022, die im Juli letzten Jahres begann, entfielen 16 Prozent der weltweiten Weizenexporte auf russische und zehn Prozent auf ukrainische Erzeuger. Doch aufgrund des Konflikts haben beide Länder die Weizenausfuhr verboten. Im Februar beschränkte Russland die Ausfuhr aller Getreidesorten (Weizen, Roggen, Gerste und Mais) außerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) bis zum 30. Juni 2022. Inzwischen hat die Ukraine ihren einzigen verbliebenen Hafen in Odessa geschlossen.

Die gegen Russland verhängten Sanktionen zwangen internationale Unternehmen, ihre langjährigen Geschäftsbeziehungen abzubrechen und Russland zu verlassen, was zu Lieferunterbrechungen führte. So verbot die Europäische Union kürzlich die Zusammenarbeit mit dem Schwarzmeerhafen Noworossijsk, über den mehr als die Hälfte des exportierten Getreides verschifft wird.

Nach der Entscheidung Moskaus, die Ausfuhren zu verbieten, zog auch Kasachstan mit eigenen Beschränkungen nach. Indien stellte am Anfang dieses Monats ebenfalls die Weizenausfuhr mit der Begründung ein, dass die Ernährungssicherheit Indiens, der Nachbarländer und anderer Länder gefährdet sei.

Nach dem Beschluss Neu-Delhis stiegen die Weizenpreise bei Termingeschäften an der Börse in Chicago um sechs Prozent auf 12,47 Dollar pro Scheffel und damit auf den höchsten Stand seit zwei Monaten. Der Weizenpreis in Europa erreichte mit rund 461 Dollar pro Tonne einen historischen Höchststand.

Die Auswirkungen der Getreidekrise sind auf der ganzen Welt zu spüren, am stärksten jedoch in Afrika, das 90 Prozent seines Bedarfs durch Importe aus der Schwarzmeerregion deckt. Letzten Monat warnte UN-Generalsekretär António Guterres, dass ein Fünftel der Menschheit aufgrund der aktuellen Situation auf dem Weizenmarkt von Armut und Hunger bedroht sei.

Westliche Staaten beschuldigten Russland indessen, einen "Weizenkrieg" entfesselt zu haben, und gaben Moskau die Schuld an der aktuellen Krise. Experten sind jedoch der Meinung, dass Russland nicht allein und nicht freiwillig für die Verschärfung der Krise verantwortlich ist. Russland habe keine Ausfuhrverbote verhängt, sondern vorübergehend Zölle und Kontingente eingeführt, um den heimischen Markt zu schützen. Was die Ukraine betrifft, so werde deren Getreide unter dem Deckmantel der EU-Hilfe aktiv aus den Lagern geholt. Der Spitzendiplomat der EU, Josep Borrell, erklärte kürzlich, dass "die Ukraine dabei unterstützt werden sollte, weiterhin Getreide und Weizen zu produzieren und zu exportieren". Da die ukrainischen Lager voll seien, müssten sie "geleert werden, um Platz für eine neue Ernte zu schaffen".

Unter Berufung auf Experten stellt die Iswestija fest, dass Russland und die Ukraine nicht die einzigen wichtigen Weizenexporteure auf der Welt sind. Andere Erzeuger könnten den Weltmarkt vor der Krise bewahren, beispielsweise die USA und Kanada, die 26 bzw. 25 Millionen Tonnen Weizen exportieren, was etwa 25 Prozent der weltweiten Ausfuhrmenge entspricht. Hinzu kommen Frankreich (19 Millionen Tonnen) und Deutschland (9,2 Millionen Tonnen). Analysten zufolge ist es jedoch unwahrscheinlich, dass diese Länder ihr Getreide mit den Bedürftigen teilen werden, da sie der eigenen Ernährungssicherheit den Vorrang geben.

"Die Erzeugerländer werden ihre eigenen Schwierigkeiten haben, die in erster Linie mit den Energiepreisen, den Produktionskosten und der Inflation zusammenhängen, sodass sie wahrscheinlich einfach zu beschäftigt sein werden, um sich um Länder zu kümmern, die zum Hungern gezwungen sind", zitiert die Zeitung Nikolai Wawilow, einen Spezialisten für strategische Forschung bei Total Research.

Eine weitere Expertin, die Leiterin der Analyseabteilung des Forschungsunternehmens NTech, Darja Akimowa, meint, dass diese Länder ihre Rohstoffe behalten wollen, um ihre Volkswirtschaften vor weiteren Inflationsschüben zu schützen.

"Um sich im eigenen Land vor Hunger zu schützen und die eigene Inflation zu verringern, versuchen die Erzeugerländer, ihre Rohstoffe zu behalten. Denn im Falle einer Währungsinstabilität … ist es immer profitabler, Rohstoffe zu haben als Bargeld: Es wertet nicht so schnell ab wie die Währung", so Akimowa.

Wie sich die Situation auf dem Weizenmarkt weiter entwickeln wird, ist unter den Experten noch weitgehend unklar. Einerseits, so Viktor Tunew, Chefanalyst von Ingosstrach Investments, werden die Probleme bei der Versorgung mit einem so weit verbreiteten Rohstoff wie Weizen höchstwahrscheinlich durch die neue Ernte und die Wiederaufnahme der Lieferungen aus der Ukraine und Russland nach Beilegung des Konflikts gelöst werden.

Andererseits ist offen, wie lange es dauern wird, den Konflikt zu lösen. Einige Experten erwarten, dass die westlichen Staaten irgendwann gezwungen sein werden, Russland im Gegenzug für die Aufhebung der Sanktionen um eine Aufteilung der Lieferungen zu bitten.

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