Meinung

Der zornige Herbst beginnt: Proteste am Montag

In vielen Orten lebt gerade die Sitte der Montagsspaziergänge wieder auf. Diesmal nur noch ganz vereinzelt mit Aussagen gegen die Corona-Maßnahmen, aber mit vielen gegen das verordnete Frieren. Der Berliner Politik dürfte das nicht gefallen.
Der zornige Herbst beginnt: Proteste am Montag

von Dagmar Henn

Eines ist unübersehbar bei den Bildern von den Protesten am Montag – der Versuch, den Menschen den Zusammenhang von Ursache und Wirkung auszureden, verfängt nicht. Die offiziell gezählten 10.500 Demonstranten in Mecklenburg-Vorpommern haben ebenso wie die in Sachsen einen klaren Blick darauf, wer ihnen die Suppe eingebrockt hat, die sie kalt auslöffeln sollen. "Schluss mit der Politik gegen das eigene Volk" heißt es da etwa auf handgemalten Plakaten, oder "Rot-Grün bedeutet Verarmung". Und mit der Forderung "Nord Stream 2 sofort öffnen" wird auch die eine Forderung gestellt, die das angekündigte Elend sofort beenden könnte.

Gab es wirklich keine Proteste im Westen der Republik? Oder nur die weichgespülte Variante, in der um ein paar Trostpflästerchen gebettelt wird? Die Erfahrung des letzten Winters lässt daran zweifeln. Es gab vermutlich einige, es wird nur nicht darüber berichtet.

Manche dieser Proteste fanden bei strömendem Regen statt, und selbst in Kleinstädten waren Menschen auf der Straße. Das ist ein gutes Zeichen für das Land und ein schlechtes für die deutsche Politik. Denn der Versuch, den Massen, denen man die Heizung abdreht und die Butter vom Brot nimmt, wenn nicht gar das Brot selbst, einzureden, Wladimir Putin sei schuld, ist die einzige Möglichkeit, von der Verantwortung der deutschen Politik abzulenken.

Noch bewegen sich diese Demonstrationszüge in dem Trauermarschschritt, den die Polizei in Deutschland für Demonstrationen vorgibt. Aber das kann sich mit zunehmendem Zorn noch ändern. Die Gründe, zornig zu werden, flattern in den letzten Wochen zunehmend jedem Einzelnen in den Briefkasten, in Gestalt erhöhter Strom- und Gasrechnungen, sind beim Gang durch die Orte zu sehen, in Gestalt geschlossener Bäckereien, oder finden sich in den Supermärkten in Gestalt fehlender Waren.

Ein Haushalt mit 3.600 Euro netto behielte bei den augenblicklichen Preisen am Monatsende nichts mehr übrig, hieß es in der Presse. Das sind mehr als 5.000 Euro brutto. Ein Einkommen, das gerade im östlichen Teil der Republik kaum ein Haushalt erreichen dürfte; insofern ist es kein Wunder, dass dort die Mobilisierung stärker ist. Aber es wird auch im Westen nicht ruhig bleiben.

Und das ist gut so, denn Einsicht ist von der gegenwärtigen Politik kaum zu erwarten. Im Gegenteil, die Herrschaften sind gerade damit beschäftigt, sich auch noch Sanktionen gegen China einfallen zu lassen. Massive Proteste sind also die einzige Hoffnung, die den Bürgern des Landes bleibt.

Mit Ausnahme der AfD halten sich alle parlamentarischen Parteien von den Protesten fern. Für die Linke ist eine Forderung nach Öffnung von Nord Stream 2 inzwischen ebenfalls tabu, und Sahra Wagenknecht wurde heftig dafür angegriffen, dass sie die Sanktionen kritisierte. Der NATO-Burgfrieden hat allerdings, das lässt sich jetzt sehen, eine begrenzte Reichweite. "Gegen Russlandsanktionen, die unser Land zugrunde richten" – das mögen die bezahlten Politiker nicht auszusprechen wagen, die Demonstranten tun es.

Am Montag blieb es bei allen Demonstrationen friedlich. Oder, um es genau zu formulieren, die Polizei blieb friedlich, die das bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen im vergangenen Jahr wahrhaft nicht immer war. Ob es dabei bleibt, sollten die Zahlen von Woche zu Woche zunehmen wie im letzten Jahr, wird die Zukunft erweisen. Die Propaganda, das seien alles "Rechte", wird aber wahrscheinlich nicht verfangen, selbst wenn der ganze Pro-Ukraine-Block im Bundestag sich die allergrößte Mühe gibt.

Denn was bitte ist daran "rechts", sich gegen die schlimmsten Angriffe auf den Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung zur Wehr zu setzen, die diese Republik je gesehen hat? Die Folgen einer aggressiven Politik nicht tragen zu wollen, auf die sich die politische Klasse eingeschworen hat? Friede den Hütten, Krieg den Palästen, schrieb einmal Georg Büchner. Der Friede der Hütten hat in diesem Winter eine Voraussetzung: die Beendigung der Sanktionspolitik.

Und zumindest im Osten des Landes sind die Menschen nachweislich klüger, als ihnen die Berliner Politik zugestehen will. Das ist ein erster Hoffnungsstreif am Horizont.

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