Meinung

Die EU kämpft gegen Desinformation? Von wegen, sie will nur das Monopol darauf!

Es gibt die Notlüge, die einfache Lüge und die Statistik. Und dann gibt es noch die EU. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat gerade mal wieder gezeigt, wie man es schafft, jeder Wahrheit erfolgreich aus dem Weg zu gehen.
Die EU kämpft gegen Desinformation? Von wegen, sie will nur das Monopol darauf!Quelle: www.globallookpress.com © Chris Emil Janßen

von Dagmar Henn

Ach, die arme EU … Da kämpft sie seit Jahren erbittert gegen Desinformation, schafft eine Instanz um die andere, schaltet Sender ab, sperrt Nachrichtenkanäle … Und dann ist das alles vergebens, weil sie die Desinformation selbst lautstark in die Welt hinausruft.

So geschehen jüngst durch den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Der sich doch tatsächlich hinstellte und sagte:

"Es ist der Krieg, der zu Preissteigerungen und zur Verknappung von Energie und Lebensmitteln führt. Und ich möchte betonen, dass es nicht die europäischen Sanktionen sind, die diese Krise verursachen. Unsere Sanktionen zielen weder auf Lebensmittel noch auf Düngemittel ab."

Nun hatte Borrell einst Luftfahrttechnik und Wirtschaftswissenschaften studiert. Man müsste also annehmen, dass er auf der einen Seite imstande ist, chemische, und auf der anderen, wirtschaftliche Prozesse zu begreifen. Im Gegensatz zu Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dessen Verständnis von Ökonomie nach vier Jahren im Ministeramt vielleicht ausreicht, eine einfache Bilanz zu lesen.

Wenn Habeck Märchen erzählt, kann das auf mangelndem Wissen und fehlendem Verstand beruhen. Diese Entschuldigung hat Borrell nicht. Er müsste noch wissen, dass die EU erst im vergangenen Sommer Sanktionen gegen Weißrussland verhängt hat, die explizit den größten weißrussischen Düngemittelhersteller einschlossen. Kalidünger wird nun einmal vor allem aus Weißrussland und Russland importiert. Um das abzufragen, benötigt man nur einen kurzen Suchlauf auf Google.

Und weil der Herr Wirtschaft studiert hat, weiß er auch, dass es nicht erforderlich ist, einzelne Produkte zu sanktionieren, wenn man die Transportwege sabotiert. Oder die Zahlungswege. Weil auch Russland nicht so dumm ist, Waren ohne Bezahlung zu liefern. Also, wie steht es mit der Möglichkeit des Imports von Kalidünger?

Dann ist da noch der Stickstoffdünger. Der wurde weitgehend in der EU selbst produziert. Wurde. Denn die Produktion ist zum einen sehr energieintensiv und benötigt zum anderen Erdgas als Rohstoff. Die ersten Meldungen, dass die Stickstoffdüngerproduktion stillsteht, stammten schon aus dem März. Das ist also ein Problem, das man sehr früh hätte wahrnehmen und beseitigen können. Aber was soll's, Hauptsache, die Ukraine darf weiter den Donbass beschießen.

Was die Transporte angeht, gibt es da diese kleinen Versicherungsprobleme, die dafür sorgen, dass Sanktionen immer deutlich weiter reichen, als es auf dem Papier steht. Das kann man wissen. Auch das kursierte als Nachricht schon sehr früh, als nämlich gemeldet wurde, dass für russisches Öl keine Tanker mehr zu chartern sind, weil die Charterfirmen keine Versicherung mehr bekommen, weil die Versicherungen fürchten, dass sich die Sanktionspolitik verschärft, während die Fracht noch unterwegs ist. Klar, irgendein Journalist aus einer Kleinstadtzeitung (sofern es diese noch gibt) muss das nicht wissen. Aber der EU-Beauftragte für Außenpolitik, studierter Wirtschaftswissenschaftler noch dazu? Der kann nur wissentlich gelogen haben.

Und natürlich setzt sich der Mangel an Düngemitteln in einen absehbaren Mangel an Lebensmitteln um. Dünger wird schließlich nicht deshalb eingesetzt, weil den Bauern, während das Getreide wächst, langweilig ist und sie etwas auf die Felder werfen wollen. Es gibt einen direkten rechnerischen Zusammenhang zwischen der Menge des verfügbaren Düngers und der Größe des Ertrags. Was bedeutet, jede Sanktion, die Düngemittel erwischt, hat Auswirkungen auf die Lebensmittel.

Aber da sind wir noch lange nicht am Ende angekommen. Der Herr Wirtschaftswissenschaftler Borrell hat sicher schon einmal gehört, dass in der EU viel Gemüse aus Treibhauszucht stammt. Vermutlich ist ihm dieses Gemüse sogar, sollte er selbst einkaufen gehen, schon einmal leibhaftig begegnet. Und es braucht nicht viel ökonomischen Sachverstand, um zu wissen, dass eine Menge dieser Treibhäuser beheizt werden, um die Anbauzeit zu verlängern. Womit heizt man? Beispielsweise mit Erdgas. Ehe der Klimaschutzwahn zum offiziellen Glauben erklärt wurde, galt Erdgas sogar als besonders saubere Energie. Was passiert also, wenn die zum Beheizen der Treibhäuser erforderliche Energie teurer wird? Die Anbauzeit verkürzt sich auf jenen Teil des Jahres, in dem es von allein warm genug ist. Und was bedeutet das für die verfügbare Menge Nahrungsmittel? Sie schrumpft.

Wie gesagt, Borrell ist Wirtschaftswissenschaftler. Er kann natürlich behaupten, er habe sich während seines gesamten Studiums nur mit Aktienderivaten und Hypothekenpapieren beschäftigt und überhaupt keine Ahnung von der Entstehung so realer, körperlicher Dinge wie Nahrungsmittel, aber das ist doch etwas schwieriger als bei Habeck.

Muss man noch hinzufügen, dass landwirtschaftliche Maschinen Treibstoffe benötigen, selbst Melkmaschinen ohne Strom nicht laufen und die Viehzucht in Europa inzwischen in Etappen stattfindet und die Tiere zwischendrin transportiert werden, also der Zuchtbetrieb nicht der Mastbetrieb ist? Die Liste lässt sich wirklich fast unbegrenzt verlängern. Es ist im Grunde absolut simpel. Leicht verfügbare Energie ist der Lebensatem einer industriellen Gesellschaft; nimmt man sie weg, kann man wieder persönlich den Holzpflug ziehen.

Wer die Versorgung mit Energie blockiert, betreibt schlicht Sabotage an der modernen Gesellschaft. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Wort Sabotage stammt vom Wort Sabot für Holzschuh, und zwar für Holzschuhe, die französische Weber einmal in Webmaschinen geworfen haben, die ihre Handarbeit überflüssig machten. Borrell wirft seinen Holzschuh in die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.

Wobei er eigentlich ebenso wissen müsste, dass auch die hübsche moderne Fassade aus Webservern und Internetbestellungen ordentlich Energie benötigt. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass eine einzige Anfrage bei Google so viel Strom verbraucht wie eine 70-Watt-Glühbirne im Lauf eines ganzen Jahres. Vielleicht hat sich Borrell deshalb nicht vorab auf den Stand gebracht, was alles von den Sanktionen getroffen wird, die angeblich weder Dünge- noch Nahrungsmittel betreffen …

Was Borrell als Außenbeauftragter der EU ebenfalls wissen müsste, ist, wie viel die EU und ihre Mitgliedsländer in diesem Jahr an das Welternährungsprogramm gespendet haben und ob dieser Betrag vielleicht unter jenen der Vorjahre liegt. Nein, das weiß er bestimmt, aber er sagt es nicht. So wie er auch nicht sagt, dass es ukrainische Seeminen sind, die die Schifffahrt im Schwarzen Meer behindern. Und wie er nicht sagt, dass die absolut enthemmte Gelddruckerei, die die Europäische Zentralbank genauso betreibt wie die US-amerikanische Fed, wenn auch mit nicht ganz derselben Leidenschaft, ein klein wenig mit der Inflation zu tun hat, die ja mitnichten auf Europa und die USA beschränkt bleibt, sondern all die Länder mit betrifft, die jetzt Hunger fürchten müssen. Klar, konnte niemand ahnen. Sind ja keine Wirtschaftswissenschaftler – halt, Borrell – nun, man kann nicht immer all die vielen Zusammenhänge im Kopf behalten.

Wie den zwischen dem Einbruch im Welthandel und den Corona-Maßnahmen in Europa. Oder dem des Hungers und anderen europäischen Sanktionen, gegen Syrien beispielsweise, gegen den Libanon, gegen Afghanistan und so weiter und so weiter, die sicher alle nicht gegen Lebensmittel gerichtet sind, aber dann irgendwie doch Lebensmittel treffen. Das sind einfach zu viele Zusammenhänge für so einen kleinen Kopf.

Was aber den Vorwurf betrifft, Russland begehe ein "Kriegsverbrechen", weil es angeblich am Hunger schuld sei, hätte er sich zuvor vielleicht doch mit Habeck absprechen sollen. Der hatte schließlich bereits erklärt, so 100.000 Hungertote sei die Freiheit der Ukraine schon wert; er hat sich also öffentlich bereits zu diesem Kollateralschaden bekannt. Da bleibt er dem großen grünen Vorbild Madeleine Albright treu. Und Borrell stiehlt ihm jetzt geradezu die Lorbeeren, indem er Russland beschuldigt. Eigentlich müsste Habeck jetzt aufstehen und laut rufen: "Ich bin es! Ich, nicht Putin!" Sonst entgeht ihm die Gelegenheit, von dem grünen Gefolge so verehrt zu werden wie die Kindermörderin Albright.

Denn das ist hier ein Wettbewerb in Unmenschlichkeit. Wäre das Leben der Ukrainer wichtig, hätte der Krieg längst mit einer Kapitulation geendet. Wäre das Leben der Menschen außerhalb Europas wichtig, wären diese kriminellen Sanktionen längst zurückgezogen worden. Wäre das Leben der Menschen in Europa wichtig, ebenfalls. Aber Borrell wie Habeck kennen nur das Wohl der Milliardäre.

Und das ist so wichtig, das ist schon ein paar Lügen wert. Nicht wahr, Herr Borrell?

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