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"Sie haben das chinesische Getreide verbrannt!" – Kann der Westen Russland mit Chinas Hilfe beugen?

Die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer werden nichts unversucht lassen, um Russland doch noch zur Erneuerung des Getreideabkommens zu zwingen. Dafür ist Kiew und London jedes Mittel recht: von der Anbiederung an China bis hin zu Terrorakten und False-Flag-Aktionen im Schwarzen Meer.
"Sie haben das chinesische Getreide verbrannt!" – Kann der Westen Russland mit Chinas Hilfe beugen?Quelle: Sputnik © Konstantin Michaltschewski / RIA Nowosti

Von Tatjana Montjan, exklusiv für RT

Russland ist also den längst überfälligen Schritt gegangen und hat das nur einseitig (nur zugunsten der Ukraine und ihrer europäischen Förderer) umgesetzte Getreideabkommen aufgekündigt. Mehr noch, es unternimmt tatsächlich genau die Schritte, die als einzige den Getreideexport aus dem Speckreich (so nennt Montjan die Maidan-Ukraine ‒ Anm. d. Red.) wirksam behindern können. Wer hätte gedacht, dass Russland tatsächlich Ernst machen wird? 

Nun, wir können mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen, dass das ukrainische Getreidegeschäft vorerst gestorben ist. Russland wurde unglaublich lange getäuscht und in Kiew, Brüssel, Ankara und Washington dachte man, es könne immer wieder und aufs Neue getäuscht werden, aber plötzlich ging etwas schief. Es bleibt abzuwarten, ob diejenigen, die den Einsatz so lange erhöht haben, wirklich glücklich sind, zumal die Agrarpreise unaufhaltsam nach oben geklettert sind.

Das Speckreich reagiert darauf nun, indem es versucht, Moskau bei seinem wichtigsten Verbündeten zu verpetzen und anzuschwärzen. In seiner regelmäßigen Abendansprache sagte Selenskij, dass das angeblich in Odessa vernichtete Getreide für China bestimmt gewesen wäre:

"In den Häfen, die heute angegriffen wurden, lagern etwa 1 Million Tonnen Lebensmittel. Das ist die Menge, die schon längst an die Verbraucherländer in Afrika und Asien hätte geliefert werden sollen. In dem Hafenterminal, das heute Nacht am stärksten vom russischen Terror getroffen wurde, lagerten 60.000 Tonnen Agrarprodukte, die für China bestimmt waren."

An dieser Stelle werden sich die Chinesen natürlich an den Motorhersteller "Motor Sitsch" erinnern, der ihnen durch Kiew entrissen wurde, und vor Wut über das verräterische Russland in Tränen ausbrechen und sofort den russischen Botschafter wegen einer Erklärung vorladen, warum die Russen chinesischen Mais und chinesischen Weizen verbrannt haben.

Aber es gibt eine Nuance. China kauft Getreide gegen Bezahlung und Lieferung zum Hafen von Shanghai zu FOB-Bedingungen (Free On Board), die besagen, dass der Verkäufer verpflichtet ist, die Ware im Hafen abzuliefern. Das Risiko des zufälligen Verlustes oder der Beschädigung des Eigentums liegt also beim Verkäufer. Selbst wenn in Odessa Getreide verbrannt wäre (was eine offensichtliche Lüge ist, denn die Flammen, die beim Verbrennen von 60.000 Tonnen Getreide entstanden wären, wären selbst von Alpha Centauri aus sichtbar gewesen, aber nichts dergleichen ist von Außerirdischen berichtet worden), wäre es also noch kein chinesisches Getreide.

Und jetzt ist es an den russischen Diplomaten, klar zu erklären, wer genau die Schuld trägt (Spoiler: nicht Russland). Es liegt nicht nur an dem neuen Anschlag auf die Krim-Brücke, aber auch an ihm. Nun, in Kiew können sie wieder ein Foto vor dem Hintergrund einer Briefmarke mit der fast eingestürzten Brücke machen. Vielleicht tröstet das. 

Aber was kann Russland tun, um seine neue Härte nicht nur in Worten wirken zu lassen? Im Internet wird eine hitzige Debatte darüber geführt, ob Russland in der Lage sein wird, das Ende des Getreideabkommens zu erreichen ‒ nicht nur durch seine Nichtbeteiligung daran, sondern auch durch die Einstellung des Schiffsverkehrs zu den ukrainischen Seehäfen. Viele glauben, dass Russland nichts tun kann, wenn Erdoğan den militärischen Schutz der Getreidetransporte übernimmt (was er inzwischen, wie zuvor schon die USA, abgelehnt hat).

Tatsächlich würde Russland keine Handelsschiffe versenken, selbst wenn sie ohne den Schutz der türkischen Marine unterwegs wären. Das ist so offensichtlich, dass es sinnlos ist, darüber zu diskutieren. Wie kann man zivile Schiffe versenken? Wer denkt schon an so einen Unsinn? Andererseits ist Russland nicht in der Lage, sie in der Nähe der ukrainischen Küste zu stoppen und umzukehren, da der Westen die Ukraine mit Anti-Schiffs-Raketen ausgestattet hat, und eine Annäherung an die Küste bis auf wenige hundert Kilometer könnte für ein russisches Kriegsschiff das letzte Manöver sein.

Die Vereinigten Staaten haben Angriffe auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer angekündigt. Laut dem offiziellen Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, Adam Hodge, wird der Angriff auf friedliche Schiffe natürlich von Russland durchgeführt werden. Warum sollte Russland so etwas tun wollen? Ganz einfach wegen seiner aggressiv-aggressiven Natur, warum sonst? Die USA behaupten, Russland habe die Zufahrten zu den ukrainischen Häfen bereits vermint und bereite sich darauf vor, "Angriffe auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer zu rechtfertigen, indem es der Ukraine die Schuld dafür gibt". 

Tatsache ist, dass sich russische Kriegsschiffe der ukrainischen Küste seit über einem Jahr nicht mehr als 200 oder gar 300 Kilometer genähert haben, weil angesehene westliche Partner ihre Schiffsabwehrraketen "Harpoon" an die Speckreich-Ukraine geliefert und die lokale Produktion von "Neptun"-Geschossen unterstützt haben. Es ist daher überhaupt nicht klar, wie die Russische Föderation die Zufahrten zur ukrainischen Küste verminen könnte. Außerdem führt der Weg zur ukrainischen Küste an der bulgarischen und rumänischen Küste vorbei, die Russland mit Sicherheit nicht verminen wird.

Nun, eine Blockade aller Seehäfen kommt per definitionem nicht infrage. Im Gebiet Odessa gibt es einen Hafen in der Stadt Ismail, der buchstäblich nur hundert Meter von der Grenze zu Rumänien entfernt ist und der von Russland deshalb nie angegriffen wurde. Dieser Hafen wurde erheblich ausgebaut und wird weiterbetrieben, als ob nichts geschehen wäre. Es ist also nicht nötig, von einer vollständigen Blockade der ukrainischen Häfen zu sprechen, aber warum das Weiße Haus Angriffe auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer ankündigt, ist die große Frage.

Wie kann Russland also sicherstellen, dass der Getreidehandel effektiv gestoppt wird? Ganz einfach ‒ und dazu ist es nicht nötig, Handelsschiffe zu versenken. Getreide kann nicht ohne Getreideterminals verschifft werden. Man kann es nicht von einem Lastwagen in den Laderaum eines Trockenfrachtschiffs schaufeln. Die Beschädigung eines Getreideterminals stoppt automatisch den Getreidetransport. Drei Seehäfen ‒ drei Getreideterminals, ohne die es unmöglich ist, irgendetwas an irgendjemanden zu versenden.

Und genau diesen logischen Weg geht Russland auch. In drei aufeinanderfolgenden Nächten gab es Angriffe aus der Luft auf die Seehäfen von Odessa. Es ist nicht abschließend bekannt, ob es sich exakt um die Getreideterminals handelt, die getroffen wurden. Aber selbst wenn nicht, ist es eine klare Warnung, dass man besser nicht mit Getreidelieferungen ohne Russlands Zustimmung spielen sollte, und ich bin sicher, dass dies nicht nur von den Selebobiks (so nennt Montjan Selenskij und seine Gefolgsleute ‒ Anm. d. Red.) gut verstanden wird.

Und nun zu den wahrscheinlichen Aktionen des ukrainischen Speckreiches und seiner britischen Freunde, mit denen diese versuchen werden, Russland zur erneuten Verlängerung des Getreideabkommens zu zwingen. Mit China ist alles klar: Es hat aus politischen Gründen aufgehört, Mais aus den USA zu kaufen, und ukrainischer Mais ist für das Reich der Mitte schlichtweg alternativlos geworden. Russland konzentriert sich auf Weizen und kann die ukrainischen Maislieferungen an China physisch nicht ersetzen.

Außerdem gibt es weltweit keinen Überschuss an Getreide: Wenn ein großer Produzent wie die Ukraine ausfällt, kommt es zu einer Verknappung und anschließend zu einem Preisanstieg. Infolgedessen werden die Waren von denjenigen gekauft, die reicher sind und sie bezahlen können, während die Armen leer ausgehen werden. China ist also an den ukrainischen Lieferungen interessiert, aber es ist unwahrscheinlich, dass es sofort Druck auf Russland ausüben wird. Es könnte sogar bis zum Winter warten, bis alle Seiten eine Lösung gefunden haben und zu einer Einigung gekommen sind.

Aber dem Speckreich und den Briten geht es nicht darum, einen Kompromiss zu finden. Deshalb können und sollten wir von ihnen allerlei Unangenehmes erwarten, wie das schon zweimal mit der Krim-Brücke oder mit den Nord Streams geschehen ist. Sie haben bereits bewiesen, dass sie zu allem bereit sind, um ihre Ziele zu erreichen. Daher könnten sie durchaus ein Handelsschiff angreifen, das einen russischen Hafen anläuft oder verlässt.

An Marinedrohnen haben sie keinen Mangel, und ein ziviles Schiff kann sich nicht wie ein Kriegsschiff verteidigen. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, zu erklären, was die Versenkung eines Tankers mit russischem Öl, der aus Noworossijsk kommt, bedeuten würde. In der Tat kann ein solcher Akt die Arbeit der russischen Schwarzmeerhäfen, über die ein riesiger Warenstrom abgewickelt wird, wenn nicht blockieren, so doch erheblich erschweren, und er wird buchstäblich mehr als nur fünf Kopeken kosten.

Und nun raten Sie mal, wer für den Angriff auf sein eigenes Handelsschiff verantwortlich gemacht werden wird. Richtig, natürlich wird man Russland die Schuld geben. Ich bin sicher, dass die Briten bereits Pläne für einen Angriff auf Russlands Handelsschiffe und seine Hafeninfrastruktur ausgearbeitet haben und dass das ukrainische Speckreich nur noch auf grünes Licht aus London wartet.

Was hält sie derzeit noch zurück? Wahrscheinlich die Hoffnung, dass sie wieder Getreide verkaufen und damit viele Milliarden Dollar verdienen können. Generell sollte man in diesem Krieg auf jede Entwicklung der Situation vorbereitet sein und nichts ausschließen. Aber es ist nicht klar, ob Russland auf eine solche Entwicklung der Situation vorbereitet ist oder ob es den Terroristen wieder im Nachhinein vorwerfen muss, terroristische Akte zu begehen. 

Um den Getreidehandel wieder zu öffnen, wird der Westen mit allen Mitteln versuchen, Russland erneut zu beugen, und das ist bei "Verbündeten" wie China gar nicht so aussichtslos, wie einige Patrioten hoffen. Die nächsten Wochen werden wirklich spannend sein. 

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