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Kosovo, Donbass und Katalonien – Probleme mit Separatismus als Folge der Globalisierung

Mehr als 100 Staaten haben mittlerweile die selbsternannte Unabhängigkeit des Kosovo vor 15 Jahren anerkannt. Aber zahlreiche unter ihnen haben ihre eigenen Probleme derselben Art. Und in gewissem Sinne hat die Globalisierung zur Zunahme von Separatismus beigetragen.
Kosovo, Donbass und Katalonien – Probleme mit Separatismus als Folge der GlobalisierungQuelle: AFP © Dimitar DILKOFF

Von Georgi Beresowski

Im Februar 2008 erklärte das von albanischen Separatisten dominierte Parlament des Kosovo die Unabhängigkeit dieser Provinz von Serbien. Belgrad lehnte diesen einseitigen Schritt entschieden ab, aber der neue "Staat" wurde bereits am nächsten Tag von den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, der Türkei und von Albanien anerkannt. Mehr als 50 Länder folgten dem bis Ende desselben Jahres.

Inzwischen haben fast 100 UNO-Mitgliedsstaaten die Souveränität des Kosovo anerkannt. Diese Zahl war jedoch gelegentlichen Änderungen unterworfen, da einige Länder ihre Anerkennung aufgrund diplomatischer Bemühungen aus Belgrad zurückgezogen haben. Dennoch behauptet Pristina weiterhin, dass 117 Länder seine "Unabhängigkeit" anerkannt hätten.

Tatsächlich erkennen mehr als die Hälfte der UNO-Mitgliedsstaaten die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an. Dazu gehören China, Indien, die meisten postsowjetischen Länder sowie mehrere EU-Mitgliedsländer, nämlich Griechenland, Spanien, Zypern, Rumänien und die Slowakei. Russland war stets einer der wichtigsten Gegner der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo und blieb das wegen der Konsequenzen für die Weltordnung. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die überwiegende Mehrzahl der Staaten der Welt mit irgendeiner Form von separatistischen Problemen zu kämpfen hat, die von "sehr geringfügig" bis "erheblich" variieren.

Der Flickenteppich Balkan

Der umstrittene Status des Kosovo ist nur der jüngste Fall von Separatismus, der zur Entstehung einer neuen staatsähnlichen Einheit auf dem Balkan geführt hat. Der Zerfall dieser Region wurde zu Recht als "Balkanisierung" bezeichnet. Bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts waren die meisten Balkanstaaten in einem vereinigten Land namens Jugoslawien eingegliedert. Heute gibt es an dessen Stelle wieder sieben unabhängige Staaten, und das müsste noch lange nicht das Ende sein.

Serbien war der erste Staat, der mit dem Problem des albanischen Separatismus konfrontiert wurde, aber es gibt auch albanische Gemeinschaften in anderen Ländern dieser Region – eingeschlossen Montenegro, Griechenland und Nordmazedonien. In Letzterem ist die Bedrohung durch separatistische Bestrebungen besonders akut, da Albaner, die dort 25 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes ausmachen, in den an Kosovo angrenzenden westlichen Regionen des Landes leben

Neben dem Kosovo-Problem hat Serbien potenzielle Probleme mit der Vojvodina – einer autonomen Region, die nicht nur von Serben, sondern auch von Ungarn bewohnt wird, die eine sehr starke regionale Identität prägen.

Das Kosovo hat auch seine eigenen, internen Herausforderungen. Im nördlichen Teil der Provinz gibt es eine hauptsächlich von Serben bevölkerte Enklave, denen die Aussicht, von ihrer Kernheimat isoliert zu werden, keine Freude bereitet. Gleichzeitig sind zwangsläufig Probleme mit Separatismus in Bosnien und Herzegowina aufgetreten, wo die dazugehörende Republika Srpska eine Unabhängigkeit oder gar Wiedervereinigung mit Serbien anstrebt und zunehmend Ansichten über die Zukunft geäußert hat, die denen der Zentralregierung widersprechen. Dasselbe Problem, wenn auch weniger akut, findet sich in den kroatischen Enklaven Bosniens sowie in Kroatien selbst, wo es Enklaven von Serben gibt.

Iberische Halbinsel: Zwei Staaten sind nicht genug

Wenn in Madrid kein König sitzen würde, der noch immer den größten Teil dieser Halbinsel vereint, könnte die "Balkanisierung" dort auch "Iberisierung" heißen – denn in Spanien gibt es mehr separatistische Bewegungen als in jedem anderen westeuropäischen Land.

Die ganze Welt ist sich des Problems um Katalonien bewusst. Vor nur fünf Jahren, im Oktober 2017, hielten die lokalen Behörden dort ein Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien ab. Dieses Projekt scheiterte, obwohl mehr als 90 Prozent der Wähler für die Abtrennung der Region von Spanien stimmten. Madrid jedoch weigerte sich schlichtweg, diese Willensäußerung des Volkes anzuerkennen. In der Folge wurden einige der Anführer der katalanischen Separatistenbewegung festgenommen, anderen gelang die Flucht aus dem Land. Dies jedoch konnte den Wunsch der Katalanen nach Unabhängigkeit schwerlich ersticken.

Neben dem katalanischen Separatismus gibt es auch noch den baskischen Separatismus, der im Gegensatz zur katalanischen Variante oft radikalere Formen annimmt. Radikale Nationalisten der ETA (Euskadi Ta Askatasuna – Baskenland und Freiheit) etwa kämpften mehr als 40 Jahre lang für die Unabhängigkeit von Spanien und der spanischen Krone, wodurch 800 Menschen getötet wurden. 2018 kündigte die Gruppe ihre Selbstauflösung an, was jedoch nicht bedeutet, dass damit das Problem verschwunden wäre. Eine der größten Parteien der Region, die baskische Nationalistische Partei, unterstützt noch immer die Idee einer Unabhängigkeit von Madrid.

Spanien ist in 17 autonome Gemeinschaften oder Regionen unterteilt. Obwohl nicht alle zum Separatismus neigen, gedeiht die Idee einer regionalen Autonomie bis zu einem gewissen Grad in allen von ihnen. Bei Kommunalwahlen erhalten Kandidaten, die mehr Unabhängigkeit und Autonomie fordern, regelmäßig einen stattlichen Prozentsatz der Stimmen in Aragon, Andalusien, Kastilien, Asturien, Kantabrien und Galicien sowie anderen autonomen Gemeinschaften.

Und auch im zweiten Land auf der Iberischen Halbinsel, in Portugal, ist nicht alles süß und licht – denn auch hier trifft zu, dass jene Regionen, die sich von Portugal lösen wollen, ohnehin durch das Wasser des Atlantischen Ozeans von Lissabon getrennt sind: wir meinen hier die Inselgruppen von Madeira und die Azoren.

Großbritannien – ein Unvereinigtes Königreich

Der schottische Separatismus sorgt in London schon seit einigen Jahren für Kopfschmerzen. Nachdem die Befürworter der Unabhängigkeit die letzten Regionalwahlen gewonnen hatten, kündigten sie ihre ernsthafte Absicht an, ein zweites Referendum über die Abspaltung vom Vereinigten Königreich abzuhalten. Das erste fand 2014 statt, als sich 55 Prozent gegen eine solche Abspaltung aussprachen, während 45 Prozent dafür waren. Befriedigt durch das Ergebnis des Referendums, mischte sich London damals nicht weiter in den Willen der Schotten ein.

Jedoch stimmte das Vereinigte Königreich zwei Jahre später dafür, die Europäische Union zu verlassen, und Edinburgh forderte prompt ein neues Referendum über die Abspaltung, weil die Schotten eindeutig in der EU bleiben wollten und mit einer überwältigenden Mehrheit von 62 Prozent gegen den Brexit gestimmt hatten. Die schottischen Behörden wollten bereits im Oktober 2023 ein neues Referendum abhalten, aber im vergangenen November entschied der Oberste Gerichtshof Großbritanniens, dass Volksabstimmungen zur Unabhängigkeit nicht ohne die Zustimmung Londons durchgeführt werden dürften. Diesmal beabsichtigt das von den konservativen Tories kontrollierte Parlament jedoch nicht, ein neuerliches Referendum zu gestatten. Edinburgh hingegen hat nicht die Absicht, das Vorhaben aufzugeben, indem die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon versprach: "Die schottische Demokratie wird nicht unterdrückt."

Vergangene Woche kündigte Sturgeon zwar ihren Rücktritt als Erste Ministerin Schottlands an, drückte aber dennoch ihre Zuversicht aus, dass ihr Nachfolger "Schottland in die Unabhängigkeit führen wird".

Die Beziehungen zu Nordirland sind für London nicht weniger problematisch. Bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2022 gewann die Partei Sinn Fein, die sich für eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland und eine Abspaltung von Großbritannien stark macht, erstmals die Regionalwahlen. Das mit dem Brexit zwischen London und der EU ausgehandelte Nordirland-Protokoll dürfte zur wachsenden Popularität der Separatisten beigetragen haben. Das Dokument fordert die Beibehaltung eines einheitlichen Zollraums zwischen Dublin und Belfast bei gleichzeitiger Einführung von Zollbestimmungen zwischen Großbritannien und Nordirland.

Londons Probleme hören damit aber längst nicht auf: Mit unterschiedlicher Intensität finden sich separatistische Aktivitäten in Cornwall, Mercien – den Regionen West Midlands und East Midlands –, Northumberland, Yorkshire, Jersey und Wales. Und es ist sogar die Rede davon, dass England selbst das Vereinigte Königreich verlassen könnte. Letzteres erscheint jedoch im Vergleich zu den schottischen und irischen Bestrebungen eher banal.

Westeuropa: Staaten innerhalb von Staaten

Die Länder Westeuropas scheinen größtenteils vorbildliche Einheitsstaaten zu sein, und im Allgemeinen sind sie es auch. Allerdings gibt es auch starke regionale Identitäten sowie Wünsche nach mehr Autonomie sowie separatistische Neigungen.

In Frankreich gibt es zum Beispiel das Problem der Okzitanier, die im Süden des Landes ein riesiges Gebiet bevölkern – bis zu sieben Regionen. Selbst eine aggressive Politik der Frankophonisierung reichte nicht aus, um dieses Problem endgültig zu beseitigen: Alle Verkehrsschilder in der Region werden regelmäßig auf Okzitanisch ergänzt.

Auch die Bretagne im Nordwesten des Landes hat eine starke regionale Identität. Seine Bewohner haben ihre eigene keltische Sprache und nennen sich lieber Bretonen als Franzosen. In der letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts verübte die Bretonische Befreiungsfront – der bewaffnete Flügel der Bretonischen Revolutionsarmee – Terroranschläge, während sie Parolen zur Unabhängigkeit ihres Heimatlandes brüllte. Auf Korsika haben radikale Gruppen auch in diesem Jahrhundert nicht davor zurückgeschreckt, gewalttätige Mittel einzusetzen, um die Unabhängigkeit zu erzwingen.

Jede dieser separatistischen Gemeinschaften verfügt über einen politischen Flügel – die Okzitanische Partei, die Bretonische Partei und die Partei Freies Korsika – deren Programme von der Forderung nach größerer Autonomie bis hin zur Forderung nach vollständiger Unabhängigkeit reichen. Der letzte Fall von Gewalt ereignete sich im Sommer vergangenen Jahres, als die Korsische Nationale Befreiungsfront (FLNC) die Verantwortung für 16 Brandanschläge übernahm und sich das Abfackeln von Sommerresidenzen, die Nichtkorsen gehörten, sowie von Baufirmen und Polizeiautos zuschreiben ließ.

Deutschland, die Wirtschaftslokomotive der EU, hat ein Problem in Bayern – einer wohlhabenden Region, die knapp 20 Prozent der Gesamtfläche des Landes einnimmt und an Tschechien und Österreich grenzt. Die Bayern unterscheiden sich deutlich von anderen Deutschen. Ihr Dialekt gilt eigentlich als eigene Sprache, auch wenn sie nicht offiziell als solche anerkannt wird. Obwohl die regionale Identität extrem stark ist, sprechen die Bayern zumindest in der Öffentlichkeit selten über Separatismus. Aber selbst ohne offene Konflikte behalten in Berlin die Politiker München im Auge. Eine der großen deutschen Parteien, die Christlich Demokratische Union Deutschlands, deren führende Vertreter wiederholt den Bundeskanzler stellten, tritt im Freistaat Bayern gar nicht zur Wahl an. Stattdessen arbeitet sie im Bündnis mit der – rein bayerischen – Christlich-Sozialen Union in Bayern als Schwesterpartei zusammen, die selbst im Laufe der Zeit die meisten separatistischen und radikal-nationalistischen bayerischen Parteien integriert hat.

In Italien wird die Frage der Unabhängigkeit in den nördlichen Regionen Lombardei und Venetien diskutiert. Und diese Diskussionen sind für Rom ziemlich unangenehm. Zum Beispiel ist es Politikern aus Venetien gelungen, dass Venezianisch neben Italienisch als Amtssprache in ihrer Region anerkannt wird. Im März 2014 unterstützten 89 Prozent der Befragten in einer Online durchgeführten Umfrage sogar die Schaffung einer souveränen Bundesrepublik Venetien. Zu einem Referendum ist es aber bisher noch nicht gekommen. Der Wunsch nach größerer Eigenständigkeit in diesen Regionen rührt vor allem von wirtschaftlichen Faktoren her, aber in Südtirol spielt daneben auch die nationale Frage eine Rolle. Diese reiche und deutschsprachige Region, die erst seit Ende des Ersten Weltkriegs zu Italien gehört, strebt seit mehr als einem Jahrhundert die Wiedervereinigung mit Österreich an.

Der wahrscheinlichste Kandidat für einen Zerfall in Westeuropa ist zweifellos Belgien. Das Land besteht aus zwei Regionen, die von sehr unterschiedlichen Völkern bewohnt werden: von den Niederländisch sprechenden Flamen, die knapp 60 Prozent der Bevölkerung des Landes ausmachen, und den Französisch sprechenden Wallonen, die gut 40 Prozent ausmachen.

Die sprachliche Spaltung wird noch durch gravierende wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen den Regionen verschärft: die Flamen haben allen Grund zu der Annahme, dass ihre südlichen Nachbarn in Wallonien – mit einer doppelt so hohen Arbeitslosenquote und einem um ein Drittel niedrigeren Pro-Kopf-BIP – auf ihre Kosten leben. Vor dreißig Jahren trug die Unzufriedenheit Flanderns mit dieser Situation dazu bei, ein vereintes Belgien in eine Föderation umzuwandeln. Jetzt kämpfen die Flamen darum, ihre Autonomie weiter auszubauen, während die Wallonen versuchen, diese Bemühungen abzuwehren.

Und so weiter und so fort …

Das Problem des Separatismus ist in Osteuropa sogar noch akuter, insbesondere im postsowjetischen Raum, wo in jüngerer Vergangenheit oft bewaffnete Konflikte ausgebrochen sind, weil die zentralen und regionalen Behörden nicht in der Lage waren, Einigungen zu erzielen. Zu diesen Regionen gehören Transnistrien, Abchasien, Südossetien, Bergkarabach – und die Ostukraine.

Aber separatistische Bestrebungen sind keineswegs nur auf Europa beschränkt. Man findet sie auch in Asien, Afrika und sogar in Ozeanien. Dies gilt insbesondere für Länder mit einer kolonialen Vergangenheit, in denen dabei Grenzen oft ohne Rücksicht auf lokale Faktoren oder die traditionelle Heimat von Stämmen und Völkern gezogen wurden.

Auch die stärksten außereuropäischen Mächte sind heute nicht frei von diesem Problem. Die Welt ist sich etwa der separatistischen Bedrohungen bewusst, mit denen China konfrontiert ist. Die Vereinigten Staaten haben in letzter Zeit zunehmend ihre Forderungen nach Unabhängigkeit von Taiwan, Tibet, der Autonomen Region Xinjiang der Uiguren, Hongkong und Macau geäußert. Vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert kämpfte Peking noch gegen den Separatismus in der Inneren Mongolei, aber die demografische Entwicklung hat dieses Problem heute weniger relevant gemacht.

Allerdings könnten sich sogar selbst die USA, die von außen als eine besonders monolithische Nation in der Welt erscheinen, leicht in beispielsweise elf kleinere Nationen aufspalten. In den Medien tauchen von Zeit zu Zeit Geschichten über Amerikaner auf, die auf die Unabhängigkeit einzelner Staaten – etwa von Kalifornien und Texas zum Beispiel – drängen, während auch noch exotischere Bewegungen existieren, die eine Unabhängigkeit ganzer Regionen fordern, wie etwa von Kaskadien (dem pazifischen Nordwesten) oder der Schaffung einer Republik Neu-Afrika, also eines unabhängigen Staates mit mehrheitlich schwarzer Bevölkerung im Südosten der USA.

Jedenfalls würde eine vollständige Liste samt Abhandlungen über alle separatistischen Bewegungen auf der ganzen Welt einen gesonderten Saal in einer Bibliothek einnehmen.

Gibt es Lösungen?

Timofei Bordatschew, ein Programmdirektor beim Waldai-Club in Moskau, glaubt, dass "Separatismus weltweit eine Reaktion auf die Abspaltung, die Errichtung neuer Grenzzäune und den Aufstieg des Nationalismus ist".

"Gäbe es eine echte Globalisierung, gäbe es keinen Separatismus. Die Grenzen wären transparent und den Menschen wäre es egal, wo sie leben. Separatismus ist ein Kampf gegen den Nationalismus einer Titularnation, also einer Nation, von deren Volksbezeichnung sich der Name des betreffenden Staates ableitet."

"Warum wollen die Bewohner des Donbass und der Ostukraine der Macht Kiews entkommen? Der Grund ist der ukrainische Nationalismus. Warum tauchten in Südossetien und Abchasien Separatisten auf, die mit Georgien brechen wollten? Weil Tbilissi [deutsch Tiflis] versucht hat, diesen Regionen den georgischen Nationalismus aufzuzwingen. Das sind die Gründe. Der Grund für den Separatismus liegt immer im Nationalismus der größeren und stärkeren Teile einer Nation", sagt der Experte gegenüber RT.

Nikolai Topornin, ein außerordentlicher Professor an der Fakultät für Europarecht des Moskauer Staatlichen Instituts für Internationale Beziehungen, hat einen etwas anderen Standpunkt. Ihm zufolge "gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen separatistischen Tendenzen und globalen Integrationsprozessen".

"Jeder Fall hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Merkmale und seine eigenen Ursprünge. Aber ja, meistens steckt hinter jedem Beispiel von Separatismus ein ganzer Komplex historischer, kultureller, religiöser, sprachlicher, erzieherischer und wirtschaftlicher Gründe", betont er. In gewisser Weise habe die Globalisierung laut diesem Experten zur Zunahme des Separatismus beigetragen. Eine der Folgen war vielmehr das Auftreten einer Erscheinung der "Glokalisierung" – also einer "globalisierten Lokalisierung", wobei regionale Unterschiede stärker wurden, anstatt sich – wie erwartet – auszugleichen.

"Anstatt zu fusionieren und sich zu vereinen, zeichnen sich Trends in der entgegengesetzten Richtung ab und gewinnen sogar an Zuspruch: separatistische Tendenzen, verstärkte Aufmerksamkeit für lokale Eigenheiten, erhöhtes Interesse an alten Traditionen und die Wiederbelebung von Dialekten", sagt Topornin.

Unter diesen Bedingungen gäbe es nur zwei Möglichkeiten, den Separatismus zu bekämpfen: entweder Repression oder Zugeständnisse. Staaten wenden oft beide Methoden gleichzeitig an, indem sie separatistisch gesinnte Aktivisten verfolgen, während sie gleichzeitig separatistischen Regionen etwas mehr Autonomie einräumen. Laut Timofei Bordatschew gibt es jedoch ein universelleres Rezept:

"Gibt es eine theoretische Lösung für das Problem des Separatismus? Ja. Das ist ein Imperium. Das einzige Rezept gegen Separatismus ist ein Imperium: große multinationale, multikonfessionelle Länder wie Russland, China und in gewissem Maße die Vereinigten Staaten von Amerika."

Übersetzt aus dem Englischen.

Georgi Beresowski ist Journalist aus Moskau.

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