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Ein Bataillon für Kiew: Warum Joe Biden Abrams-Panzer an die Ukraine übergibt

Die von den USA geplante Lieferung von 31 Kampfpanzern vom Typ M1 Abrams an Kiew stellt einen weiteren westlichen Eskalationsschritt im Ukraine-Konflikt dar. Allerdings werden diese Maschinen die Frontlage kaum beeinflussen, glauben Experten.
Ein Bataillon für Kiew: Warum Joe Biden Abrams-Panzer an die Ukraine übergibtQuelle: www.globallookpress.com © Nicolas Armer

Eine Analyse von Aleksandr Karpow und Aljona Medwedewa

Der Präsident der USA Joe Biden hat seine Entscheidung verkündet, 31 Kampfpanzer vom Typ M1 Abrams an die Ukraine zu schicken. Dabei merkte er an, dass die Lieferung der Panzer einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Allerdings versicherte er, dass die USA diese Zeit für die Ausbildung der ukrainischen Militärs am M1 Abrams nutzen werden. Zuvor hatten Medien gemeldet, dass die Panzer an Kiew nicht aus Beständen des Pentagons geliefert würden, sondern gemäß einem neuen Vertrag hergestellt werden, was die Zeit der Lieferung verlängere. Militärexperten merken an, dass Washington durch einen solchen Schritt die Möglichkeit fand, seine europäischen NATO-Verbündeten zu Panzerlieferungen an Kiew zu zwingen und dabei umfangreiche Lieferungen US-amerikanischer Technik zu vermeiden.

Die USA werden der Ukraine 31 Abrams-Panzer übergeben. Dies verkündete in seiner Ansprache Präsident Joe Biden:

"Heute erkläre ich, dass die Vereinigten Staaten 31 Abrams-Panzer der Ukraine übergeben werden, was einem ukrainischen Panzerbataillon entspricht. Verteidigungsminister Austin empfahl einen solchen Schritt, weil es die Fähigkeit der Ukraine, ihre Gebiete zu verteidigen und ihre strategischen Ziele zu erreichen, stärken wird."

Biden fügte hinzu, dass Abrams-Panzer "die effektivsten der Welt" seien. Er merkte weiter an:

"Dabei sind sie bei Bedienung und Wartung sehr kompliziert, weswegen wir der Ukraine auch die notwendigen Ersatzteile und Ausrüstung für eine erfolgreiche Instandhaltung dieser Panzer unter Kampfbedingungen liefern werden."

Biden behauptete außerdem, dass die USA "innerhalb kürzester Zeit" die ukrainischen Militärangehörigen in Fragen der Instandhaltung und Wartung der Panzer und zugehöriger Logistik ausbilden werden. Biden erklärte:

"Die Lieferung dieser Panzer ans Schlachtfeld wird Zeit benötigen. Währenddessen werden wir alles Notwendige tun, damit die Ukrainer bereit sind, Abrams-Panzer in ihr Verteidigungssystem vollständig zu integrieren."

Außerdem versicherte er, dass die Übergabe von Militärhilfe an die Ukraine durch die USA keine Bedrohung für Russlands territoriale Sicherheit darstelle. Laut Biden wollen die westlichen Staatschefs, dass die Kampfhandlungen in der Ukraine beendet werden, allerdings solle dies unter für Kiew "gerechten" Bedingungen geschehen.

Zuvor hatten US-amerikanische Medien unter Verweis auf Quellen in Bidens Administration berichtet, dass die Abrams-Panzer in der Ukraine frühestens in einigen Monaten ankommen werden.

Die Zeitung Washington Post schrieb:

"Laut einem US-amerikanischen Beamten sind die Abrams-Panzer 'wahrscheinlich nicht für Kämpfe in nächster Zeit' vorgesehen und es werden wahrscheinlich noch Monate, wenn nicht Jahre, bis zur Anlieferung in der Ukraine vergehen."

Der Fernsehkanal ABC berichtet seinerseits ebenfalls unter Verweis auf Quellen im Weißen Haus, dass US-amerikanische Panzer M1 Abrams den ukrainischen Militärs frühestens in einem Jahr zur Verfügung gestellt werden.

Ein Grund dafür sei die Änderung der Art der Militärhilfe an Kiew, in deren Rahmen Washington die Übergabe der Panzer an die Ukraine plant, so ABC. Weil sie nicht im Rahmen des Mechanismus geliefert werden, wonach die Ukraine Waffen und Kriegsgerät direkt aus den Vorräten des Pentagons erhalten kann, muss das Kiewer Regime auf die Erfüllung des Produktionsauftrags wie bei gewöhnlichen Käufen warten. ABC erklärte:

"Laut dem Beamten verpflichten sich die USA im Rahmen der Initiative zur Unterstützung der Sicherheit der Ukraine, 30 bis 50 Panzer an die Ukraine zu schicken, was den Abschluss entsprechender Verträge mit Panzerherstellern voraussetzt. Dies kann bedeuten, dass die neuen Panzer während einer relativ langen Periode nicht in den Dienst gestellt werden, wahrscheinlich über ein Jahr lang."

Später schrieb die Bloomberg-Journalistin Jennifer Jacobs auf Twitter unter Verweis auf Quellen, dass die USA 31 Abrams-Panzer im Rahmen eines 400 Millionen US-Dollar teuren Abkommens schicken.

Eine prinzipielle Frage

Zuvor hatte die Zeitung The Wall Street Journal bereits berichtet, dass die Administration des Präsidenten Joe Biden zur Übergabe der US-Kampfpanzer M1 Abrams tendiere. Die Zeitung merkte an, dass Washington diesen Schritt unternahm, damit Berlin seinerseits Kampfpanzer Leopard 2 an Kiew liefere und den Re-Export dieser Maschinen durch andere Länder – vor allem Polen – freigebe.

Bis dahin behaupteten die US-Beamten, dass die Zeit für Lieferungen von Abrams-Panzern an Kiew nicht gekommen sei. Dies sagte unter anderem der Stellvertreter des US-Verteidigungsministers in politischen Angelegenheiten, Colin Kahl. Damals erklärte er:

"Der Abrams-Panzer ist eine sehr kompliziertes Gefährt. Er kostet viel, und die Ausbildung dafür ist schwierig. Er ist mit einem reaktiven Triebwerk ausgerüstet, das, wenn ich mich nicht täusche, etwa drei Gallonen reaktiven Treibstoffs pro Meile verbraucht. Dieser Komplex ist auch in der Wartung nicht ganz einfach."

Die deutschen Medien meldeten ihrerseits, dass Bundeskanzler Olaf Scholz Lieferungen von Leopard-2-Panzern an Kiew unter der Bedingung erlauben würde, dass die USA ihre Abrams-Panzer der Ukraine zur Verfügung stellen.

Scholz hatte die Übergabe von Leopard 2 an Kiew unter diversen Vorwänden lange verweigert. Dafür wurde er sowohl in der Ukraine als auch in Europa kritisiert. Darüber hinaus stand er unter dem Druck seiner Koalitionspartner aus der Partei "Die Grünen".

Allerdings beschloss Scholz nach langen Beratungen mit Washington, mindestens eine Kompanie (14 Maschinen) von Kampfpanzern Leopard 2A6 in die Ukraine zu schicken. Im weiteren Verlauf ist die Übergabe zweier Panzerbataillone an Kiew geplant. Darüber hinaus erlaubte Berlin den Re-Export seiner Panzer, die im Dienste anderer Länder stehen.

Einige europäische Staaten haben bereits beschlossen, ihre Panzer an Kiew zu liefern. Insbesondere hatte die britische Regierung zuvor erklärt, dass sie der Ukraine 14 Panzer vom Typ Challenger 2 übergeben würden.

Die Absichten der USA und Deutschlands, ihre Kampfpanzer dem Kiewer Regime zu übergeben, wurden bereits im Kreml kommentiert. So bezeichnete der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, dies als einen "zum Scheitern verurteilten" Plan. Er betonte:

"Ich bin überzeugt, dass viele Spezialisten die Absurdität auch dieser Idee verstehen. In technologischer Hinsicht ist ein solcher Plan zum Scheitern verurteilt. Doch hauptsächlich ist es eine klare Überschätzung des Potentials, das dies den Streitkräften der Ukraine geben wird."

Gleichzeitig verwies der Pressesprecher darauf, dass aus den USA und Deutschland diesbezüglich "sehr viele sich gegenseitig ausschließende Erklärungen, Pressemeldungen, Leaks und so weiter" kämen. Peskow merkte an:

"Es ist klar, dass dort nicht alles glatt läuft, sowohl innerhalb der Allianz als auch im Hinblick auf das Vorhandensein der Panzer."

"Cargo-Kult"

Die USA beschlossen, eine sehr beschränkte Anzahl an Abrams-Panzern der Ukraine zu übergeben, um aktivere Techniklieferungen an das Kiewer Regime durch ihre europäischen Verbündeten zu erzwingen, bemerken Experten. Der Leiter des Zentrums für militärisch-politische Forschungen, Alexei Podberjoskin, erklärte in einem Gespräch mit RT:

"Auf diese Weise fanden die USA einen Ausweg aus der Situation mit Deutschland, das nicht zuerst Leopard-2-Panzer an Kiew liefern wollte. Doch weder Abrams noch Leopard 2 werden die Lage in der Ukraine beeinflussen können. Das sind gewöhnliche Kampfpanzer, die nach ihren technischen Daten modernisierte Varianten der Panzer T-72 nicht übersteigen."

Weder US-amerikanische noch deutsche noch sonstige Panzer werden in der Ukraine kurzfristig ankommen, fügte der Politologe hinzu. Podberjoskin betonte:

"Sie müssen aus der Lagerung entnommen und betriebsbereit gemacht werden. Besatzungen müssen ausgebildet und das Kommando vorbereitet werden. Es muss vieles getan werden, wofür es weder Zeit noch Ressourcen gibt. Das Ergebnis dieser Lieferungen wird sein, dass diese Panzer genauso brennen werden wie diejenigen, die bereits aus osteuropäischen und Balkanstaaten an die Ukraine geschickt wurden."

Die eigentliche Tatsache, dass Kampfpanzer an Kiew geliefert werden, kann dabei als Schritt zur Eskalation angesehen werden, so Podberjoskin:

"Washington will den Einsatz erhöhen, weil sich die Frontlage zu Ungunsten Kiews zu ändern begann."

Davor wollten die USA offensichtlich eine Übergabe von Abrams-Panzern an das Kiewer Regime vermeiden. Podberjoskin erklärte:

"Nicht zuletzt deshalb, weil sie sich um die Außendarstellung des Abrams als Kampfpanzer der US-Streitkräfte sorgten. Die USA fürchteten, dass, wenn die Panzer ihre Kampfziele in der Ukraine nicht erreichen, dies ein schlechtes Licht auf den gesamten militärisch-industriellen Komplex des Landes werfen würde. Bereits nach Einsätzen in Syrien und Irak kamen Fragen zu diesen Panzern auf. Ebenfalls in Syrien wurden auch türkische Leopard-2-Panzer erfolgreich ausgeschaltet. Deshalb werden diese Panzer in militärischer Hinsicht keine radikale Wende für das ukrainische Militär bringen."

Der Militärexperte Aleksandr Chrolenko erklärte seinerseits in einem Kommentar für RT, dass westliche Kampfpanzer in der Anzahl, die von den NATO-Staaten und den USA zur Entsendung an die Ukraine geplant ist, die inzwischen wieder zugunsten der russischen Streitkräfte veränderte Frontlage nicht besonders beeinflussen werden. Er berichtete:

"In der Öffentlichkeit wurden die westlichen Panzer etwas wie der Javelin-Komplex – eine weitere Wunderwaffe, die ukrainische Militante quasi in einem Cargo-Kult anbeteten. Das Gleiche wird mit Abrams passieren, die von russischen Panzerabwehrwaffen vernichtet werden."

Chrolenko verwies darauf, dass Rad- und Kettenfahrzeuge, die an Kiew bereits geliefert wurden, die Dynamik des Konflikts nicht beeinflussen konnten. Er betonte:

"In der Ukraine wurde eine ziemlich breite Auswahl an Technik aus NATO-Ländern angehäuft. Sollten einige Dutzend Panzer Abrams oder Leopard 2 hinzukommen, wird sich dadurch nichts ändern. Deutschland und andere Länder verfügen schlicht nicht über eine solche Anzahl dieser Panzer, um sie gleichzeitig an Kiew zu übergeben und die Lage zu beeinflussen. Sie werden nacheinander ausgeschaltet, und damit endet alles."

Um die Frontlage zu verändern, benötigt Kiew eine viel größere Anzahl an Kampfmaschinen, so Chrolenko. Der Militärexperte schlussfolgerte:

"Würden die USA und die NATO wirklich etwas am jetzigen Verlauf der Militäroperation ändern wollen, würden tausend Panzer zur Unterstützung der Ukraine geschickt werden. Doch woher sollten sie so viele nehmen? So viele gibt es nicht im Bestand aller europäischen NATO-Staaten. Hier könnte man an das Beispiel Polens erinnern, das dem Kiewer Regime alle seine Panzer T-72 und PT-91 Twardy geschickt hat. Und wo sind sie jetzt? Alle abgeschossen."

Übersetzt aus dem Russischen.

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