Deutschland

Einseitig und verkürzt – Deutsche Medien zur Tagung des UN-Sicherheitsrats unter Lawrow

Russlands Außenminister Lawrow leitete die Sitzung des UN-Sicherheitsrates und stellte sie unter das Motto "Multilateralismus". Deutsche Medien berichten gewohnt einseitig. Dies lässt auf einen dringenden Reformbedarf nicht nur der UNO, sondern auch des deutschen Journalismus schließen.
Einseitig und verkürzt – Deutsche Medien zur Tagung des UN-Sicherheitsrats unter LawrowQuelle: www.globallookpress.com © Lev Radin

Gewohnt einseitig und verkürzt berichten die deutschen Medien über die Sitzung des UN-Sicherheitsrates unter russischem Vorsitz. Turnusmäßig hat Russland den Vorsitz übernommen – ein ganz gewöhnlicher Vorgang, der allerdings vom Westen skandalisiert wird.

Russlands Außenminister Sergei Lawrow hat die Sitzung geleitet und unter die Überschrift "Echter Multilateralismus durch die Verteidigung der Prinzipien der Vereinten Nationen" gestellt. Schon den Titel geben deutsche Medien falsch wieder. Der Stern verkürzt auf "Verteidigung der Prinzipien der UNO" und unterschlägt damit das wichtige Anliegen Russlands.

Das ist die Wiederherstellung des Multilateralismus gegen den westlichen Hegemonialanspruch. Die Verkürzung zieht sich durch den gesamten Beitrag, denn der Stern erhebt den Westen zur Weltgemeinschaft. Positionen der Länder außerhalb der westlichen Hemisphäre bildet er gar nicht erst ab. Das ist auch dringend notwendig, denn die Leser könnten sonst verunsichert werden. Faktisch ist der Westen mit seiner einseitigen Sicht auf den Ukraine-Konflikt isoliert. 

Ebenso wie der Stern schreibt auch das ZDF, dass UNO-Generalsekretär António Guterres Russland vorwerfe, mit dem Einmarsch in die Ukraine das Völkerrecht gebrochen zu haben. Das ZDF schreibt ganz richtig:

"UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte unterdessen erneut, dass Russlands Invasion gegen die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht verstoße. Der Angriff auf die Ukraine habe 'massives Leiden und die Verwüstung des Landes' angerichtet, sagte Guterres in Anwesenheit von Lawrow."

Was sowohl Stern und ZDF als auch alle anderen großen deutschen Medien jedoch unterschlagen, sind die Anmerkungen des Generalsekretärs, die gegen den Westen gerichtet sind. So fordert Guterres die Nationen auf:

"... erneut (zu) bekennen, ihre Verpflichtungen aus der UN-Charta, die Menschenrechte und die Menschenwürde zur obersten Priorität zu machen und das Ziel der Verhinderung von Konflikten und Krisen zu verfolgen."

Nun hat der Menschenrechtsrat erst kürzlich in einer Resolution die einseitigen völkerrechtswidrigen Maßnahmen des Westens als Verstoß gegen genau diese Prinzipien verurteilt. Über diese unangenehme Wahrheit breitet man in Deutschland den Mantel des Schweigens.

Direkt im Anschluss mahnt der UNO-Generalsekretär die Rückkehr zu den Prinzipien des Völkerrechts an und nennt explizit das Prinzip der Nichteinmischung. Auch das ist gegen die Nationen des kollektiven Westens gerichtet, die für sich das Recht in Anspruch nehmen, sich auf den unterschiedlichsten Ebenen in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen zu dürfen. 

Natürlich gewichten deutsche Medien diese deutlichen Mahnungen an den Westen nicht ihrer Bedeutung entsprechend. Sie bleiben der Einseitigkeit und dem antirussischen Narrativ treu, suggerieren sogar eine weltweite Solidarität mit den Ländern des Westens. Das ist falsch.

Sie verschweigen, dass die Redner der Länder des Globalen Südens die Idee einer Stärkung des Multilateralismus aufnehmen und stützen. Die Länder des Westens nehmen den Begriff lediglich auf, um ihn rhetorisch gegen Russland zu richten. Das Interesse an einer Reform der UNO, die dann die realen geopolitischen Verhältnisse widerspiegelt, ist vor allem im Globalen Süden vorhanden. Es ist der Westen, der kein Interesse daran hat, denn sie würde seinen Einfluss schwächen. 

Der Stern zitiert zum Beleg für seine Behauptung, der russische Vorsitz sei heftig kritisiert worden, die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield und den EU-Botschafter Olof Skoog, bei den Vereinten Nationen. Damit verdeutlicht der Stern, dass das von Lawrow benannte Problem einer Unterrepräsentation der Länder des Südens nicht nur ein Problem der UNO, sondern auch ein Problem des deutschen Journalismus ist.

Die Tagesschau wusste schon im Vorfeld der Sicherheitsratssitzung, dass Lawrow in der UNO "ein ungern gesehener Gast" ist.

"Seit Russland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen hat, ist die Sorge groß, dass der Kreml diese Position missbraucht", weiß man bei der Tagesschau.

Auch das ist nur dann richtig, wenn man die Welt auf Nordamerika, die EU und Großbritannien sowie Japan, Südkorea und Australien reduziert. Lawrow ist außerhalb der westlichen Länder ein gern gesehener Gast und ein viel gefragter Gesprächspartner, denn er vertritt ein Land, das wie China als große und wichtige Alternative zum Westen gilt, der kolonialen Anspruch hat und völlige Unterordnung fordert.

Russland agiert auf echter Augenhöhe und auf Grundlage der Prinzipien der UN-Charta. Wenn die deutsche Außenministerin anreist, dann mischt sie sich in aller Regel zunächst in die inneren Angelegenheiten ein. Das wirkt gerade vor dem Hintergrund, dass es inzwischen zur Kooperation mit westlichen Ländern bessere Alternativen gibt, reichlich realitätsfern. 

Der Beitrag in der Tagesschau ist zudem ein erneutes Beispiel für den Niedergang des deutschen Journalismus. Er ist einseitig, vermischt Meinung und Bericht, hat Desinformationscharakter und führt daher die deutschen Zuschauer in die Irre. 

Der Tagesschau-Beitrag macht dann mit einem Zitat der UN-Botschafterin der USA auch deutlich, was die große Sorge des Westens ist. Linda Thomas-Greenfield sagte laut Tagesschau

"Wir werden jede Gelegenheit nutzen, um Russland daran zu hindern, den Vorsitz zu missbrauchen, um Desinformation zu verbreiten und um für Unterstützung für diese Bemühungen zu werben."

Desinformation ist für westliche Politik und die daran angebundenen Medien, den Ukraine-Konflikt in seiner historischen Entwicklung zu beleuchten. Jeder, der den Konflikt nicht mit dem 24. Februar 2022 beginnen lässt, bedient nach westlicher Auffassung das russische Narrativ. Jeder, der auf ukrainische Kriegsverbrechen hinweist, ebenso. Der Westen möchte die Kontrolle über das Narrativ behalten. Das aber droht ihm zunehmend zu entgleiten, denn es ist nicht in der Lage, den Ukraine-Konflikt befriedigend und angemessen zu beschreiben. 

In diesen Zusammenhang der Kontrolle über das Narrativ passt auch, dass den Journalisten, die Lawrow auf seiner Reise begleiten wollten, das Visum zur Einreise in die USA verweigert wurde. 

Der Tagesspiegel titelt in diesem Zusammenhang:

"'Feige' Entscheidung Washingtons, Lawrow tobt wegen verweigerter US-Visa für russische Journalisten". Nun kann man sich den russischen Außenminister bei ganz vielen unterschiedlichen Tätigkeiten vorstellen, nur beim Toben irgendwie nicht. Den cholerischen Anfall, den der Tagesspiegel hier suggeriert, hat es natürlich nie gegeben. Er ist vom Tagesspiegel frei erfunden, wie man hier sehen kann.

Lawrow hat sich im Kontext der Verweigerung der Einreise besorgt über den Zustand der Pressefreiheit in westlichen Ländern gezeigt und sich ganz allgemein an Journalisten wendend darum gebeten, die Sitzung des Sicherheitsrates aufmerksam zu verfolgen und objektiv darüber zu berichten. In Deutschland stieß er damit auf taube Ohren, aber das war auch nicht anders zu erwarten. 

Dass es dringend einer Reform der UNO und ihrer Gremien bedarf und der Einfluss der Länder des Globalen Südens gestärkt und die Dominanz des Westens vermindert werden muss, zeigt sich auch in der einseitigen Berichterstattung zum Ereignis.

Deutsche Medien reduzieren die Welt auf die westliche Hemisphäre plus Russland und China als Rivalen. Das ist der tatsächlichen geopolitischen Entwicklung nicht angemessen. Lawrow hat daher mit seiner Forderung nach einer Reform der UNO vollkommen recht. Zu hoffen ist obendrein, dass sich auch der deutsche Journalismus endlich den veränderten geopolitischen Gegebenheiten anpasst. Aber vermutlich geht es trotz aller bürokratischer und diplomatischer Trägheit bei der UNO schneller.

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