Meinung

"Es ist beinahe schon ein Trend": Wie die Unzufriedenheit des Westens mit Selenskij wächst

In den westlichen Ländern tauchen vermehrt kritische Artikel und Kommentare über Wladimir Selenskij und sein Gehabe auf, sagen Experten. Nach Ansicht von Analysten sind die westlichen Staaten des ukrainischen Staatschefs und seiner Ineffizienz als Präsident überdrüssig.
"Es ist beinahe schon ein Trend": Wie die Unzufriedenheit des Westens mit Selenskij wächstQuelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld/dpa

Von Irina Taran, Jelisaweta Komarowa und Alexei Latyschew

In den westlichen Ländern tauchen vermehrt kritische Artikel und Kommentare über den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij und sein Gehabe auf, sagen Experten. Ihrer Meinung nach sind die westlichen Staaten des ukrainischen Oberhauptes und seiner Ineffizienz im Amt überdrüssig.

Die westlichen Medien, unter denen sich auch die deutsche Zeitung Die Welt, die US-Webseite The Grayzone, die New York Times, Sky News Australia und das US-Magazin National Review befinden, machen den ukrainischen Machthaber verantwortlich für die mangelnde Kooperationsbereitschaft, die Korruption in der Ukraine, die Erschöpfung der ukrainischen Armee, ihre Mobilisierung auf Kosten verurteilter Pädophiler und Folterknechte sowie "all die Schrecken", die unter Selenskij in einigen Teilen des Landes den ethnische Russen widerfahren sind.

"Es wächst die Unzufriedenheit mit Selenskij im Westen. Das ist fast schon ein Trend. Wir sehen, wie die Phasen der Akzeptanz des Unvermeidlichen vorübergehen. Zu Beginn hatte sich der Westen aggressiv verhalten und die Ukraine tatkräftig mit Waffen versorgt, doch jetzt hat sein Schneid nachgelassen, und er hat den Glauben an den 'Sieg Kiews auf dem Schlachtfeld' verloren. Im Westen hat man endlich begonnen zu begreifen, dass dies gar keine Perspektive hat, trotz der Erzählungen, die Selenskij verbreitet. Die Realität ist komplett anders", sagte Nikita Danjuk, stellvertretender Direktor des Instituts für strategische Studien und Prognosen (RUDN) und Mitglied der russischen Gesellschaftskammer, zu RT.

Eine entsprechende Meinung vertrat Wladimir Bruter, Experte am Internationalen Institut für humanitäre und politische Studien.

"Im Westen wachsen Ärger und Verachtung gegenüber Selenskij, man hält ihn für weitgehend nutzlos. Zum amtierenden Präsidenten der Ukraine besteht weder in den Vereinigten Staaten noch in anderen Staaten des Westens Vertrauen", so der Experte in einem Kommentar für RT.

Zuvor hatten die Leser der britischen Daily Mail Kritik an Selenskij geübt und behauptet, man habe ihm bereits damals nicht trauen sollen, als er "noch ein einfacher Komödiant" war.

"Und jetzt schon gar nicht, nachdem er sich ein Milliardenvermögen mit dem Krieg generiert hat. Nun begann er, das Staatsvermögen an die Polen zu veräußern, und bis das 'Projekt Ukraine' seine Existenz einbüßt, dauert es nicht mehr lange", schrieb jemand namens Zrado Gonta in einem Kommentar.

Ein Leser mit dem Benutzernamen Whellers22 gab seinerseits die Meinung bekannt, dass die führenden Politiker der Welt, sollten sie "keine Katastrophe wollen", "Selenskij dazu bringen sollten, aufzuhören".

"Oder das bedeutet das Ende der Kriegsfinanzierung", bemerkte dieser Nutzer.

Unterdessen veröffentlichte die Welt einen Bericht über Selenskijs "geheime Geschäfte" im Zusammenhang mit Immobilien im Vereinigten Königreich und Konten in Zypern und auf den Jungferninseln.

Und der Moderator von Sky News Australia Corey Bernardi bemerkte, dass die westlichen Medien nicht über "all das Grauen" berichten, das ethnischen Russen in einigen Teilen der Ukraine unter Selenskij widerfährt. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass in dem Land die größte russische Gemeinschaft außerhalb Russlands lebt. Bernardi bezweifelte auch den Wahrheitsgehalt des von den westlichen Medien gezeichneten Bildes von Selenskij als einem Helden. Zusätzlich mehren sich in den US-Medien die Hinweise, dass die Regierung von Joe Biden mit dem ukrainischen Staatschef unzufrieden ist.

Beispielsweise schrieb Thomas Friedman, Autor der Kolumne "Meinungen" in der New York Times, dass hinter den Kulissen unter den US-Beamten "viel mehr Besorgnis über die ukrainische Führung herrscht, als sie zugeben".

"Das Weiße Haus und der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hegen ein weit tieferes Misstrauen gegeneinander  als berichtet", schreibt er.

Übrigens hat Friedman den Eindruck, dass die USA wegen ihrer umfangreichen Investitionen nicht "unter die Motorhaube von Kiew schauen wollen, aus Angst, Korruption und Intrigen zu sehen". Nach Ansicht Danjuks hat der ukrainische Staatschef die Erwartungen des Westens nicht erfüllt.

"Gerade deshalb gab es eine Veränderung der Rhetorik um seine Person. Und wir sehen, wie die Ermüdung des Westens von Selenskij und seiner Agenda stetig zunimmt und sich zur einer politischen, einer Nahrungsmittel- und einer Wirtschaftskrise in den westlichen Ländern hinzugesellt."

"Die Tatsache, dass die kolossalen Mittel, die für die Ukraine ausgegeben werden, keine Ergebnisse liefern, macht den Westen sehr wütend", sagte Danjuk. So schrieb beispielsweise Jeim Geraty, Korrespondent der US-Zeitschrift National Review, einen Artikel unter dem Titel "Why is the White House now secretly complaining about Zelensky?" (Warum beschwert sich das Weiße Haus insgeheim über Selenskij?) Darin umreißt er zwei mögliche Szenarien, die seiner Meinung nach mit der Haltung des amtierenden ukrainischen Staatschefs zusammenhängen.

Der Journalist räumt ein, dass die Biden-Administration "nur ein Ende des Krieges zwischen der Ukraine und Russland will, doch Selenskij will keine Kooperation eingehen, weshalb sich die Administration darauf vorbereitet, ihn seinem Schicksal zu überlassen". Außerdem schreibt Geraty über ein zweites mögliches Szenario.

"Die Regierung rechnet damit, dass sich der Krieg zwischen der Ukraine und Russland negativ entwickeln wird, und bereitet sich darauf vor, Selenskij zum Sündenbock zu machen. Sie ebnen den Weg, um dann sagen zu können: 'Wir haben alles getan, um den Ukrainern zu helfen, sich selbst zu verteidigen, doch am Ende stellte sich heraus, dass sie zu inkompetent, zu korrupt und zu verstrickt in interne Streitigkeiten waren'", sagte er.

Zudem prophezeit man Selenskij ein baldiges Ende seiner politischen Karriere und sogar den Tod durch seine eigenen Bürger, die ebenfalls von ihm enttäuscht sind. So lautet die Vorhersage des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Scott Ritter auf dem Youtube-Kanal "Judging Freedom". Seinen Worten nach trägt gerade der Präsident der Ukraine die Verantwortung für den Tod von Zehntausenden Zivilisten. Die westlichen Staats- und Regierungschefs hören langsam damit auf, die Darstellung Selenskijs zu akzeptieren, und weigern sich zunehmend, Kiew zu helfen, fügte Ritter hinzu. Seiner Meinung nach ist ein baldiger Umsturz in der Ukraine möglich.

Interne Widersprüche

Des amtierenden ukrainischen Präsidenten sind nicht nur seine westlichen Handlanger, sondern auch die Eliten im Lande überdrüssig. Laut der US-Zeitung The Washington Post (WP) beschuldigen die ukrainischen Bürgermeister Selenskij der mangelnden Bereitschaft, die Mittel für den Wiederaufbau des Landes zu teilen. Gemäß der Zeitung eskalierten die Spannungen zwischen der Zentralregierung und den lokalen Behörden, als Milliarden von Dollar aus dem Westen nach Kiew zu fließen begannen, denn die Regierung von Selenskij versucht beides – die Kontrolle über die Gelder zu behalten, die für den Wiederaufbau des Landes bestimmt sind, und zukünftige politische Rivalen zu schwächen.

Diese Situation gefiel den Bürgermeistern der ukrainischen Städte nicht, und sie versuchten sogar, eigene Partnerschaften mit Staaten und Städten einzugehen, die bereit waren, Wiederaufbauprogramme zu finanzieren, schreibt die WP. Als einen der schärfsten Kritiker Selenskijs bezeichnet die Publikation den Bürgermeister von Tschernigow, Wladislaw Atroschenko, der dem ukrainischen Staatschef den Vorwurf machte, er zwinge seine Stadt dazu, die Schikanen der präsidialen Laufburschen zu dulden, anstatt sich dem "feindlichen Angriff" zu widersetzen.

"Die zentralen und lokalen Behörden sollten miteinander gegen den Feind arbeiten, nicht gegeneinander", wurde er von InoTV zitiert.

Einige Tage vor dieser Aussage hatte Atroschenko die Ukraine nicht verlassen dürfen, um an einer Konferenz in der Schweiz zum Wiederaufbau der ukrainischen Gebiete teilzunehmen, mit der Begründung, es bestehe ein Reiseverbot für Männer im wehrpflichtigen Alter.

Der Bürgermeister von Rowno, Alexander Tretiak, bekundete seine Solidarität mit seinem Kollegen und sagte, auch er könne nicht in seiner Stadt sitzen und darauf warten, dass die Zentralregierung ihm Hilfe leistet.

Der WP zufolge kam es zu dieser Meinungsverschiedenheit, nachdem Selenskij sein eigenes Kabinett neu formiert hatte, wobei er den Leiter des ukrainischen Sicherheitsdienstes und den Generalstaatsanwalt entlassen und eine groß angelegte Untersuchung wegen "Hochverrats und Kollaboration" ankündigt hatte.

Die Frage bezüglich schwerer Verluste der ukrainischen Streitkräfte wurde von den westlichen Medien auch nicht ignoriert. So veröffentlichte die US-amerikanische Webseite The Grayzone einen Artikel, in dem es hieß, Selenskij mobilisiere wegen des Personalmangels in der ukrainischen Armee wegen Pädophilie und Folter Inhaftierte, darunter auch Anführer des aufgelösten Nationalbataillons "Tornado".

"Als Sündenbock fungieren"

Danjuk meint, dass es dem Westen im Zusammenhang mit der Verschärfung interner Probleme, einschließlich der "Fehden" und der rapiden Reduktion der Streitkräfte, immer bewusster wurde, dass Selenskij eine politische Figur ist, "auf die es sich nicht mehr zu setzen lohnt".

"Er wird nun als Sündenbock fungieren müssen, und die öffentliche Meinung wird über die Medien darauf vorbereitet. Kiew ist am Verlieren, in Korruption verstrickt, verkauft die westliche Militärhilfe und bestiehlt die Finanztranchen. Deshalb kann der Westen die Inkompetenz und Korruption von Selenskij nicht länger ignorieren", so der Experte.

Der Autor des US-Magazins The Federalist Jonathan Tobin schreibt in seinem Artikel: "Angesichts des Desertierens ukrainischer Streitkräfte in Richtung Russland müssen wir uns fragen, ob unsere Milliarden die Demokratie retten oder die Korruption dulden." Er fährt fort und schildert, dass die Ukraine "tiefgreifende Mängel" und Qualitäten aufweise, was den demokratischen Werten zuwiderlaufe.

"Je mehr wir über die Ukraine erfahren, desto weniger gleicht sie der Jefferson'schen Demokratie, wie sie Biden in seinen Reden zu diesem Thema darzustellen versucht", so Tobin.

Gemäß Danjuk könnte Selenskij bald seines Amtes enthoben werden, da der Westen zunehmend auf seine Ineffektivität aufmerksam wird.

"Ein Ersatz für ihn wird gefunden werden. Ich schließe nicht aus, dass der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte den Platz von Selenskij einnehmen könnte oder jemand anderes, der ebenfalls direkt mit den Amerikanern kommuniziert. Auf jeden Fall wird Selenskij nicht an der Macht bleiben. Dabei darf nicht ausgeschlossen werden, dass er einem Staatsstreich zum Opfer fallen könnte. Die Figur Selenskij ist im Westen bereits abgeschrieben", so der Experte.

Eine ähnliche Meinung vertrat auch Bruter:

"Weil Selenskij bereits in alle Schemata des Zusammenwirkens mit den westlichen Partnern eingebunden ist, bleibt er vorerst im Amt. Sobald sich eine günstigere Möglichkeit anbietet, wird man diese sofort Selenskij vorziehen", folgerte er zum Schluss.

Übersetzt aus dem Russischen.

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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.